Was für eine gute Idee: unsere Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig denkt laut darüber nach, den Eltern von Kindern 1 Stimme mehr pro Kind zu geben, damit Kinder mehr Einfluss auf die Politik haben. Sie fordert weiterhin die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Grundgesetz zu verankern.
Na endlich! Als Vater von 3 Kindern frage ich mich sehr oft, spätestens seit wir Kinder haben, wie ich meine Kinder auf das Leben vorbereiten will. Ich frage mich, in welcher Welt meine Kinder leben werden. Und ich überlege mir, was kann ich ihnen mitgeben. Dabei kommt man natürlich auch zwangsläufig zu der Frage, was für eine Welt wir unseren Kindern hinterlassen und wie wir sie auf diese Welt vorbereiten.
Und da muss ich sagen, dass wir verdammt viel Raubbau betreiben. Wir bekommen immer weniger Kinder, unsere Bevölkerung wird immer älter, wir machen gefühlt schon immer Schulden als Gesellschaft (ab 2015 hoffentlich nie wieder!), investieren viel zu wenig in Bildung und verschlafen eine Menge aktueller Entwicklungen. Auf deutsch: wir hinterlassen eine Welt mit vielen Problemen und bereiten unsere Kinder nicht bestmöglich auf die Zukunft vor.
Ich unterstelle uns allen gar keine bösen Absichten. Wenn aber der/die durchschnittliche Bundestagsabgeordnete 49,6 Jahre alt ist und weniger Kinder hat (1,22) als Menschen im Bundesschnitt (1,36), dann können wir von diesen Leuten auch nicht erwarten, dass sie etwas für Kinder tun. Bei der letzten Bundestagswahl waren bereits 33% aller Wähler 60 Jahre und älter (das sind 20 Millionen Wahlberechtigte in dieser Gruppe). Da geht es natürlich um die Rente in der Politik, worum denn sonst. Vor allem weil die Wahlbeteiligung in dieser Gruppe auch noch am Höchsten ist, was man ihr natürlich nicht vorwerfen kann. Im Gegenteil – Gott sei Dank gehen die Leute wählen!
Wenn jetzt aber 13 Millionen zusätzliche Stimmen von Minderjährigen ins System „geworfen“ werden würden, wer oder was würde dann gewählt? Um welche anderen Themen würde sich dann die Politik vielleicht kümmern? Wo läge dann unser Fokus als Gesellschaft? Wichtig wäre dafür aber natürlich, dass die Eltern auch wirklich von ihrem eigenen Wahlrecht und dem zusätzlichen für ihre Kinder auch Gebrauch machen, wenn eine Veränderung herbei geführt werden soll. Ich persönlich würde wahrscheinlich nicht anders wählen, aber ich könnte mir insgesamt schon vorstellen, dass wir andere Wahlergebnisse bekämen.
Sicher würde dann mehr darüber diskutiert Familie und Beruf in Einklang zu bringen, damit mehr Frauen sich entscheiden Kinder zu bekommen und die Mütter dann auch mit Kindern trotzdem arbeiten könnten.
Sicher würde dann mehr darüber diskutiert, was wir für Alleinerziehende tun können, damit es den Kindern und den alleinerziehenden Eltern gut geht.
Sicher würde dann über Rente mit 67, Rentenerhöhungen, unser Gesundheitssystem diskutiert und es würde auch darüber nachgedacht, wie nachhaltig all das ist, was wir da heute als System haben. Funktioniert dieses System noch in 10 oder 20 Jahren und wenn nicht, wann bauen wir es um. Und vor allem, in welches andere System bauen wir es um.
Und über Bildung würde diskutiert – 13 Millionen zusätzliche Stimmen würden nicht hinnehmen, dass Deutschland nur einen Mittelfeldplatz hat beim Computerwissen von Achtklässlern, Schulen schlecht ausgestattet sind usw. usw.
Sicher würde auch über das Zusammenleben von Jung und Alt diskutiert, z.B. von der achso schlimmen Lärmbelästigung von Kindern, Vermietern die am liebsten keine Familien mit Kindern haben wollen usw.
Wir würden über Umweltschutz, Energieverbrauch etc sprechen und hätten vielleicht eine Gesetzgebung wie in Kalifornien, die von den Autoherstellern viel Fortschritt fordert.
Ich bin da wahrscheinlich auch ein bisschen egoistisch ;-). Wir werden wahrscheinlich nah an die 100 kommen, wenn nicht sogar noch drüber. Und dieses tolle Alter würde ich gerne in einer Gesellschaft erleben, in der wir alle gerne leben und auch gut leben. Dafür müssen dann unsere Kinder „sorgen“, denn sie sind dann „produktiv“.
Wir müssen ihnen und damit auch uns selbst eine Chance geben, diese Zukunft zu gestalten! Jede Entscheidung, die wir heute treffen, hat auch Auswirkungen auf die Zukunft. Leider habe ich oft das Gefühl, dass wir sehr gut darin sind das hier und jetzt zu optimieren und dann aber im gleichen Atemzug das morgen zu ignorieren. Aber gut gehen wird das nicht. Das wissen wir auch alle und irgendwann müssen wir dann etwas ändern. Je später wir anfangen, desto schwerer und vor allem schmerzhafter wird es auch. Vielleicht kriegen wir das auch hin, ohne den Eltern eine eine zusätzliche Stimme pro Kind zu geben, aber ich fürchte, dass wir dafür diese Neuerung tatsächlich erst brauchen.
Was würden wir anders entscheiden, wenn es 20% „junge“ zusätzliche Stimmen gäbe? Was denkt ihr?